Der freie Fall von Oatly: Kreativität ist wichtig, aber nur ein kleiner Teil vom Ganzen …
… das muss Oatly mittlerweile mit einem Aktienwert von unter 1 USD und einem jährlich steigenden Verlust von aktuell – 420 Millionen USD bitter erfahren. Und das obwohl auch schon vorher klar sein sollte, wie es besser geht. Denn Marketing ist mehr als nur Kommunikation, es gehören viele Disziplinen wie z.B. die Produktentwicklung oder die Preisstrategie dazu. Aber vom Anfang an …
Inhalt:
- Vorwort: was ist Kreativität im Marketing
- Insgesamt gute Marktdurchdringung und Kommunikation mit Dellen
- Schlechte Produktentwicklung und Preisstrategie
- Fehlende Skalierung der Prozesse und Produktion
- Aktuelle Marktposition
- Konkurrenz und deren Marktstrategien
- Fazit
Vorwort: Grundsätzlich kann man ja schon sagen, wenn Oatly eine neue Kampagne veröffentlicht hat ging ein Raunen durch die Kommunikationsbranche. Und da war es ganz gleich, ob es einem subjektiv gefallen hat oder nicht – es hat einfach funktioniert.
Aber eben auch, weil gerade wieder überall angeprangert wird, Kreativität ist das Wichtigste „im Marketing“. Sogar McKinsey und Absatzwirtschaft wollen das in Ihrer Studie herausgefunden haben. Aber zum einen ist es sicherlich nicht das Wichtigste im „gesamten“ Marketing, wohl eher in den verschiedenen Disziplinen der Kommunikation (und auch nicht bei allem).
Und selbst da klingt das wie eine Binsenweisheit. Denn wirklich vergleichen kann man es mit den vielen Einflussfaktoren nur schwer bis gar nicht, also gilt „Ceteris Paribus“ – „unter sonst gleichen Bedingungen“. Aber auch wenn man nur die Kreativität vergleicht, sind so viele Parameter was eine kreative Kampagne schlussendlich ausmacht nicht definiert, und wenn man es möchte auch nur schwer zu definieren. Wäre es 100% möglich eine objektive Bewertung zu erstellen, gehst Du sicherlich mit, wenn ich sage: „ja klar, ist dann eine kreativere Kampagne besser als eine nicht kreative Kampagne … außer vielleicht bei einer Nischen-Zielgruppe die keine so definierten kreativen Kampagnen mag. Braucht man da jetzt wirklich eine Studie für?!
Zurück zu Oatly, deren Kampagnen sehr kreativ waren, im Sinne, sie haben mit ihrer Kommunikation extrem die Reichweite des Bekanntheitsgrades erweitert.
Dem Fall Oatly im Detail gerecht zu werden, ist selbstredend innerhalb eines solchen Berichts nicht möglich. Aber ich werde aus Sicht holistischen Marketings einen schönen Querschnitt versuchen.
Oatly hat die Milchindustrie revolutioniert und mit kreativen Werbekampagnen einen milliardenschweren Markt für Hafermilch aus dem Boden gestampft. Doch trotz dieser beeindruckenden Marktdurchdringungsstrategie und Kommunikation steckt das schwedische Unternehmen nun in der genannten tiefen Krise.
Insgesamt gute Marktdurchdringung und Kommunikation mit Dellen
Seit der Gründung im Jahr 1994 hat Oatly daran gearbeitet die Vision einer Milchalternative auf dem Markt zu platzieren – mit mäßigem Erfolg. Seit 2012, mit Ernennung von Toni Petersson zum neuen CEO, nimmt das Ganze richtig Fahrt auf und Oatly erregt durch innovative Kommunikationsstrategien sowie provokative Kampagnen unverkennliche Aufmerksamkeit. Der Slogan “It’s like milk, but made for humans” und die öffentliche Auseinandersetzung mit der Milchindustrie haben Oatly zu einem bekannten Namen gemacht. Die PR-Schlachten, wie der sogenannte “Milchkrieg” in Schweden, haben das Unternehmen ins Rampenlicht gerückt und den Umsatz in die Höhe getrieben.
Aber es gab auch hin und wieder miserabel durchdachte Kommunikation: Ein besonders provokatives Beispiel ist die “Flash-the-Milk”-Kampagne von 2020. Oatly forderte die Schweden auf, Kuhmilch im Klo herunterzuspielen, eine Anspielung auf eine bekannte Anti-Alkohol-Kampagne aus den 70iger Jahren. Diese Aktion sorgte für großes Aufsehen und polarisierte die Öffentlichkeit – hier aber hauptsächlich negativ.
Bei der Original Kampagne ging es eben um exzessiven und übermäßigen Alkoholkonsum, das mit dem Trinken von Milch zu verharmlosen ging den meisten zu weit. Zumal sich Oatly auch trotz aller Polarisierungen als Alternative präsentiert hatte, nicht um Milch komplett zu verdrängen.
Hinzu kam schlechtes Timing: durch die zu der Zeit neuen 30% Anteile des chinesischen Unternehmens China Resources hatte die sehr umweltbewusste und menschlich aufgeladene Marke schon stark gelitten.
Das kommt bei aufmerksamen und denkenden Menschen einfach nicht gut an, wenn man mit “Wechsle zu einem Haferdrink und spare 73% CO²e” oder „Hafermilch verbraucht weniger CO² als Kuhmilch“ wirbt. Dann aber Shareholder aus dem Land hat, das oft mit den höchsten CO²-Emissionen genannt wird. Zudem geht es bei China auch immer um eine fragwürdige Menschenrechtsbilanz.
Schlechte Produktentwicklung und Preisstrategie
Trotz des Kommunikationserfolgs kämpft Oatly mit erheblichen Problemen in der Produktentwicklung und Preisstrategie. Die Produktionskosten sind extrem hoch, was zu einer Bruttomarge von nur etwa 20% führt, weit unter dem Branchendurchschnitt von 40%.
Dies hat dazu geführt, dass Oatly trotz hoher Preise kaum Gewinne erzielt. Die teure Produktion und die hohen Preise haben es dem Unternehmen schwer gemacht, mit günstigeren Eigenmarken der Supermärkte zu konkurrieren
Zum Vergleich: Während ein Liter Oatly-Hafermilch im Supermarkt etwa 2,55 Euro kostet, liegen die Preise für Eigenmarken von Rewe, Edeka und Co. bei deutlich unter der Hälfte.
Diese Preisdifferenz macht es für Oatly schwierig, sich gegen die günstigeren Alternativen durchzusetzen. Gerade in Zeiten der Inflation in denen das Preisempfinden zusätzlich angespannt ist.
Zudem hat Oatly auch ihre Zielgruppe nicht vollkommen erfasst. Und das während die deutlich günstigeren Alternativen es viel früher geschafft haben ihre Kunden mit weiteren Inhaltsstoffen wie z.B. Kalzium oder Omega-3 die Produkte noch “zu veredeln”.
Also auch ein klares Minus für die Produktentwicklung.
Fehlende Skalierung der Prozesse und Produktion
Ein weiteres großes Problem war die Skalierung der Produktionsprozesse. Oatly hat in neue Fabriken investiert, um die steigende Nachfrage zu bedienen, doch diese Investitionen haben sich als problematisch erwiesen. Technische Schwierigkeiten, Qualitätsprobleme und Verzögerungen bei der Fertigstellung neuer Werke haben die Produktionskapazitäten stark beeinträchtigt.
Ein Beispiel hierfür ist die Fabrik in Ogden, Utah. Kurz nach der Eröffnung traten technische Probleme auf, die Qualität der Hafermilch stimmte nicht, und die Kosten für die neue Fabrik stiegen auf über 100 Millionen Dollar, doppelt so viel wie geplant.
Diese Probleme führten dazu, dass Oatly Hafermilch im Wert von drei Millionen US-Dollar vernichten musste.
Auch die neuen Fabriken in China und Großbritannien wurden deutlich später fertig als geplant. 2022 wollte Oatly eigentlich mehr als eine Milliarde Liter Hafermilch produzieren, schaffte aber nur gut die Hälfte.
Diese Verzögerungen und Qualitätsprobleme haben das Vertrauen der Investoren erschüttert und den Aktienkurs stark fallen lassen.
Aktuelle Marktposition
Oatly befindet sich derzeit in einer schwierigen finanziellen Lage. Der Aktienkurs des Unternehmens liegt bei etwa 0,83 USD, was einem Rückgang von 2,84% entspricht.
Die Marktkapitalisierung beträgt rund 494 Millionen USD.
Im zweiten Quartal 2024 erzielte Oatly einen Bruttogewinn von 59 Millionen USD, was einer Bruttogewinnmarge von 29,2% entspricht.
Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt das Unternehmen weit hinter den Erwartungen zurück und kämpft weiterhin mit hohen Produktionskosten und einer schwierigen Wettbewerbssituation.
Konkurrenz und deren Marktstrategien
Oatly steht in einem hart umkämpften Markt für pflanzliche Milchalternativen. Zu den Hauptkonkurrenten gehören Arla Foods, Lactalis Group, Chobani und PepsiCo.
Diese Unternehmen haben ihre eigenen Strategien entwickelt, um Marktanteile zu gewinnen und ihre Position zu stärken.
Arla Foods hat beispielsweise stark in die Entwicklung und Vermarktung von pflanzlichen Milchalternativen investiert. Das Unternehmen bietet eine breite Palette von Produkten an, darunter Hafer-, Mandel- und Sojamilch, und hat sich durch aggressive Preisstrategien und umfangreiche Marketingkampagnen einen festen Platz im Markt gesichert.
Chobani, bekannt für seine Joghurtprodukte, hat ebenfalls in den Markt für pflanzliche Milchalternativen expandiert. Das Unternehmen setzt auf Innovation und hat eine Reihe von neuen Produkten eingeführt, darunter pflanzliche Joghurtalternativen und Milchgetränke. Chobani nutzt seine starke Markenbekanntheit und sein Vertriebsnetz, um seine Produkte erfolgreich zu vermarkten
PepsiCo hat mit seiner Marke Quaker Oats ebenfalls in den Markt für pflanzliche Milchalternativen investiert. Das Unternehmen nutzt seine umfangreichen Ressourcen und sein globales Vertriebsnetz, um seine Produkte weltweit zu vermarkten. PepsiCo setzt auf eine Kombination aus Innovation, Marketing und strategischen Partnerschaften, um seine Marktposition zu stärken.
Nicht zu vergessen die ganzen Eigenmarken der Händler, deren Trend ungebrochen weiter geht. Auch im Bereich pflanzliche Milchalternativen stehen diese Marken mittlerweile bei den Marktanteilen ganz oben.
Ein Grund ist sicherlich: laut der Verbraucherzentrale sparen 44% bei den Lebensmitteln. Die Befragung war Allgemein, wie das konkret bei der Hafermilch aussieht gibt es keine Studie … wird aber sicherlich ähnlich sein.
Fazit
Oatly steht vor der Herausforderung, seine Produktionsprozesse zu optimieren und eine nachhaltige Preisstrategie zu entwickeln, um langfristig erfolgreich zu sein. Trotz der beeindruckenden Marktdurchdringung und Kommunikation – sie haben es geschafft aus einem „Nischen-Öko-Produkt“ eine Trendmarke zu schaffen – muss das Unternehmen nun seine internen Strukturen und Strategien überdenken, um den Turnaround zu schaffen und wieder auf Erfolgskurs zu kommen. Die Konkurrenz schläft nicht und hat ihre eigenen Strategien entwickelt, um Marktanteile zu gewinnen und ihre Position zu stärken. Oatly muss sich diesen Herausforderungen stellen und innovative Lösungen finden, um sich im mittlerweile hart umkämpften Markt für pflanzliche Milchalternativen wieder zu fangen und bestehen zu können.
Schlussendlich ein schönes Beispiel dafür, dass im Marketing weiterhin alle Disziplinen der 8Ps höchst relevant sind. Wird eine ausgelassen bringt die kreativste Kommunikation nichts, oder nur kurzfristig etwas – bevor es dann steil bergab geht.
Aber … mit einer umfassenden betriebswirtschaftlichen Klaviatur … und … wenn man Marketing ganzheitlich aufsetzt, umsetzt und entwickelt … ist Kreativität natürlich ein starker Beschleuniger. Was sagst Du, wie siehst Du den Fall Oatly? … kommentieren Sie gerne den Beitrag auf LinkedIn.
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